Jensen gestaltet dieses
Verhältnis abgelöst vom historischen Vorbild und zeitlich
verschobenen Kontext psychologisch frei.
Mit einem wunderschönen
nordischen Herbst rundet er das Schreckensjahr positiv ab (Kap. VIII
und IX). Gustav wird zum König gewählt, Karin ist die Königsbraut
an seiner Seite. Im Dom von Uppsala stehen sie vor dem Altar, als die
Botschaft von der Übergabe Stockholms eintrifft: Schweden ist frei
und damit für Karin die wichtigste Bedingung für ihre Bindung an
Wasa im letzten Augenblick erfüllt, obwohl sie Gustav Rosen in der
Menge wahrnimmt und sich jäh an ihre Liebe erinnert und mit dem
mysteriösen Aufschrei: „Du bist der Trollhättan“ besinnungslos
in die Arme ihres Gatten fällt (S. 222). Wasa tadelt öffentlich die
Mutter, die Schatten von Torpa geweckt zu haben. Auch ein
Religionswechsel kündet sich an: der neue König trinkt auf das Wohl
Martin Luthers. Beim Festmahl würdigt er sogar den ebenfalls
überlebenden Gustav Rosen, den er als Gesandten zum deutschen Kaiser
Karl mit der erfolgreichen Bitte um Beistand geschickt hatte.
Mit dem letzten, dem
neunten Kapitel beginnt die segensreiche Zeit des Königs Gustav
Wasa, dessen historische Durchsetzungsschwierigkeiten hier keinen
Raum haben. Karin entweicht oft ans Meer, auf den Hügel, wo Gustav
Wasa sie schmerzvoll verlassen hatte. Dort findet der todtraurige
Gustav Rosen sie, von dem sich Karin endgültig verabschiedet. Auf
Rosens Frage, ob sie Wasa liebe, sagt sie schließlich unbeirrt; „Ja“
(S. 237). Wie irr umklammert er sie daraufhin. „Doch sie löste
sich kraftvoll aus seinen Banden“ (S. 237). Mit dieser
symbolisch-pathetischen Geste findet sie in ihre neue Rolle, ohne
freilich Rosen jemals vergessen zu können. Die Wasser des Mälarsees
umströmen dies Ende, leiten zurück zum Trollhättan des Beginns und
mit ihnen rauschen Tage und Jahrhunderte heran, die die persönlichen
Probleme vergessen lassen.
Noch eine Anregung und eine Frage (habe leider keine Möglichkeit für direkte Kontaktaufnahme gefunden):
AntwortenLöschenZu Jensens Werken lässt sich ergänzen: Seine erste publizierte Schrift ist "Gestrandet", 1863, Verlag August Zang, Wien.
Die Novellensammlung "Iris und Genziane" (Schottländer, o.J., 1899, darin die zwei Novellen: Ein Ausnahmstag. Genziane.) ist nicht identisch mit einer später herausgegebenen Novellen-Sammlung "Iris und Genziane" in "Deutsche Volkskultur in Wort, Bild und Klang", Berlin, o.J.: Dort sind die "Genziane" (quasi unter dem Titel "Iris und Genziane") abgedruckt, daneben "Die perisianischen Häuser". Der "Ausnahmstag", in dem die Iris eine Rolle spielt, ist dort nicht enthalten.
"Flut und Ebbe" 1877, Behre's Verlag, hat mit der "Insel" (1874) nichts zu tun.
Eine Frage: Handelt es sich bei "Fürst und Pfarrherr: Erzählung aus dem XVI. Jahrhunder. Leipzig.", 1875, um eine eigenständige Erzählung, oder handelt es sich um einen Vorabdruck aus dem Werk: "Aus dem 16. Jahrhundert"?
Wenn ich noch auf meinen Beitrag zu Jensen hinweisen darf: "Gradiva. Wahrhafte Dichtung und wahnhafte Deutung." (2012) - eine Auseinandersetzung mit der Deutung Freuds und der Versuch, eine sich wiederholende Thematik in Jensens Werk zu ergründen: der Tod einer Kindheitsfreundin im Alter von 18 Jahren (WJ war damals 20). Sie starb übrigens an einem 2. Mai - genau an dem Tag, an dem die Beziehung zwischen Karin Stenbock und Gustav Rosen endgültig auseinanderbricht, weil er sich ihr und ihren Plänen gegenüber als "Verräter" erweist.